Chronik

Im Jahr 1159 wurde Hofstetten erstmals urkundlich erwähnt. Damals tauschte das Kloster Schönrain seine Güter in Wiesenfeld, Ziegenbach, Massenbuch, Wernfeld, Karsbach, Heßdorf, Seifriedsburg und Retzbach gegen die Orte „Hovesteti“ (Hofstetten) und Spurcaha, ein Hofgut vermutlich in Richtung Halsbach gelegen, das bis heute nicht eindeutig lokalisiert wurde. Die Geschichte des linksmainischen Dorfes am Fuße des 420 Meter hohen Geisbergs dürfte allerdings viel weiter zurückgehen.

Wissenschaftlich bestätigte Funde von Archäologen, wie eiszeitliche Schaber, Pfeilspitzen aus der Jungsteinzeit und keltische Münzen aus der Zeit um 50 nach Christus belegen, dass der Seichthang über dem Main schon seit jeher Lager- und Siedlungsplatz war. Durch die Sammlungsanhäufungen in der Feldflur Hofstettens sind daher drei keltische Hofstätten nachgewiesen. Zum Dorfleben gehörte immer schon der Fluss. Ursprünglich verband eine Furt die bedeutende Birkenhainer Straße mit dem Waldsassengau auf der fränkischen Platte. Später konnten die Langenprozeltener und Hofstettener mit der Fähre, die bis 1973 bestand, nachbarliche und dadurch entstandene verwandtschaftliche Beziehungen pflegen. Über die wetterfesten „Höschter“ Fährleute kennen nicht nur die älteren Einwohner noch viele Anekdoten und Geschichten.

Die Entwicklung des Ortes, der zur Urpfarrei Wiesenfeld gehörte, ist seit dem Mittelalter eng mit dem Benediktinerkloster Schönrain verbunden. Das um 1080 im Investiturstreit als nördlicher Vorposten der Papsttreuen gegründete Priorat der Abtei Hirsau im Schwarzwald war für die Siedlungen der Region lange Zeit prägend (Link: Schönrain.de). Am 19. Juli 1400 bekam das kleine Dorf eine selbständige Pfarrei, wurde aber 1535 unter dem letzten Rienecker Grafen Philipp III evangelisch, obwohl dieser nach dem Tausch von 1159 mit Schönrain im Dorf nur noch ein verpachtetes Hofgut besaß. Zehn Jahre zuvor hatte der Bildhäuser Haufen aus der Rhön im Bauernkrieg das Kloster mit seiner dreischiffigen Basilika gebrandschatzt und zerstört.

1556 baute Graf Philipp auf dem Gelände ein Schloss im zeitgenössischen Stil der Renaissance, das nach seinem Tod 1559 seiner Frau Margarete als Witwensitz diente, später als Würzburger Amtssitz und bis 1818 als Forstamt. Da Philipps Ehe kinderlos geblieben war, starb das Grafengeschlecht aus, das Rienecker Lehen fiel zurück an Würzburg. Die Ruine des Schlosses auf dem sonnenverwöhnten Bergsporn ist in unserer Zeit ein beliebtes Ausflugsziel mit weit reichendem Blick auf das Maintal. Fürstbischof Julius Echter leitete 1601 die Gegenreformation ein und Hofstetten bekam eine neue Pfarrkirche, die an Allerheiligen 1610 vom Würzburger Weihbischof Eucharius Sang dem Kirchenpatron St Michael geweiht wurde. Sie bildet bis heute, baulich wenig verändert, zusammen mit dem 1714 erbauten barocken Pfarrhaus den markanten Mittelpunkt des Dorfes.

Das Gotteshaus beherbergt einige Kostbarkeiten, wie die der Riemenschneiderschule zugeschriebene Pieta über dem Altar. Wie die Bevölkerung, litten auch die Pfarrherren unter den immer wieder kehrenden Kriegswirren, Missernten und Typhus-Epidemien, denen nicht wenige Einwohner zum Opfer fielen. Dazu kamen die Einfälle der Franzosen, die 1796 das Pfarrhaus überfielen, „dem Pfarrer Johann Sebastian Scholz das Bajonett auf die Brust setzten, bis er seine Barschaft von zehn Karolinen hergab. Sie zertrümmerten die Hausgeräte und ließen die Bettfedern hinaus fliegen. Er flüchtete sich hierauf mit seiner Schwester und andern Leuten in den Schönrainer Wald“, stand in den Kirchenbüchern zu lesen. Wegen der häufigen Fälle von Typhus, den man auf verseuchtes Brunnenwasser zurückführte, wurde der Friedhof Mitte des 19. Jahrhunderts außerhalb des Ortes neu angelegt. Zwischen 1852 und 1897 starben 26 Einwohner an der Krankheit, weshalb man noch vor der Jahrhundertwende eine von einer Quellfassung am Geisberg gespeiste Wasserleitung aus Tonrohren installierte.

Aus früheren Presseberichten, denen die Archive der Heimatforscher Dr. Philipp Seltsam (Gemünden) und Edmund Josef Rauch (Neuendorf) zu Grunde liegen, sind einige interessante Hinweise auf das Heimatbewusstsein und den Zusammenhalt der Hofstettener zu finden: „Ihre Rechte haben aber die streitbaren Hofstettener Bürger nie preisgegeben. Als 1813 die Saalebrücke in Gemünden wieder einmal große Reparaturen kostete, verlangte die Stadt im Einvernehmen mit der Regierung die Heranziehung der Hofstettener Bürger zu den Baukosten. Besonders sollten sie mit Hand- und Gespannfrondiensten zum Brückenbau beitragen. Mit Hilfe eines Rechtsanwalts setzten 27 Ortsnachbarn im Namen der Gemeinde Hofstetten ihre Befreiung durch“. Auch dem um 1875 gehegten Plan der Bayerischen Forstverwaltung, den Schönrainberg als „ausmärkisch“ zu erklären, um die Grundsteuer an die Gemeinde zu sparen, widersetzten sich die Hofstettener Bürger erfolgreich in einem langwierigen Prozess.

Das ausgeprägte Traditionsbewusstsein der etwa 430 Einwohner spiegelt sich heute nicht nur im regen Vereinsleben der Allgemeinen Sportvereinigung, der Blaskapelle, dem Obst- und Gartenbauverein, der Freiwilligen Feuerwehr, dem Kindergartenverein und dem Verein Bürgerinitiative Wasser wider. Mit örtlichen Vereinsfesten, Fasenacht, Maianblasen, Martini-Kirchweih und der Feier des Michaeltags als Patrozinium stehen markante Termine im Jahreskalender. Bei aller Tradition waren und sind die an der fränkischen Lebensader Main beheimateten Bewohner einfallsreich in Bezug auf das Zusammenleben im Dorf und mit der Stadt Gemünden, der sie als Ortsteil seit 1970 angehören. Sie sind aufgeschlossen für Neuerungen und auch gerne Gast und Gastgeber, was die regelmäßige Teilnahme an den internationalen Hofstettentreffen und dessen mehrfache Ausrichtung, sowie die Besucherzahlen des auch von ausländischen Gästen geschätzten Spessart-Campingplatzes „Schönrain“ belegen. Hier finden Sie weitere Infos zu Hofstetten und zur Ruine Schönrain.
(Text: Ferdinand Heilgenthal)